Die Zucht des HERRN

Autor: Markus Rex

 

Hebräer 12:5-7

…und habt das Trostwort vergessen, das zu euch als zu Söhnen spricht: „Mein Sohn, achte nicht gering die Züchtigung des Herrn und verzage nicht, wenn du von ihm zurechtgewiesen wirst! Denn wen der Herr lieb hat, den züchtigt er, und er schlägt jeden Sohn, den er annimmt.“ Wenn ihr Züchtigung erduldet, so behandelt euch Gott ja als Söhne; denn wo ist ein Sohn, den der Vater nicht züchtigt?

 

Um diesen Aspekt unseres Glaubenswandels richtig verstehen und einordnen zu können, müssen wir uns zunächst einmal mit unserem Gottesbild beschäftigen. Viele Menschen sehen in Gott einen Polizisten, der darüber wacht, dass Seine Gesetze und Regeln auch eingehalten werden. Wehe, wenn jemand einen Fehler macht. Dann folgt die Strafe auf dem Fuße. Dieses Bild vom strafenden Gott kommt weitestgehend aus einer Mischung von Geschichten aus dem Alten Testament mit verdrehten religiösen Vorstellungen.

Jesus hingegen stellte Gott den Juden seiner Zeit als ihren Vater vor. Lies einmal die Bergpredigt und unterstreiche dabei das Wort “Vater”. Du wirst überrascht sein, wie oft der Ausdruck “euer (oder dein) Vater” in Bezug auf Gott darin vorkommt. Gott ist der Schöpfer aller Menschen, doch Vater ist er nur für diejenigen, die zu seiner Familie gehören. Um ein richtiges Gottesbild zu bekommen, müssen wir in Begriffen von Familie denken. (Siehe Eph.3)

 

Gott ist unser Vater im Himmel, der uns total liebt. Und wie in jeder normalen Familie äußert sich diese Liebe nicht nur in Fürsorge, Annahme und Zärtlichkeit, sondern auch durch Erziehung in einer gewissen Härte und Konsequenz. Fehlverhalten muss konfrontiert und korrigiert werden. Diese zwei Seiten sehen wir auch im Dienst des Paulus als geistlicher Vater gegenüber den von ihm gegründeten Gemeinden:

 

1.Korinther 4:21

Was wollt ihr? Soll ich mit der Rute zu euch kommen, oder in Liebe und im Geist der Sanftmut?

 

1.Thessalonicher 2:7,11-12

… sondern wir waren liebevoll in eurer Mitte, wie eine stillende Mutter ihre Kinder pflegt.

… ihr wißt ja, wie wir jeden einzelnen von euch ermahnt und ermutigt haben wie ein Vater seine Kinder, und euch ernstlich bezeugt (oder eingeschärft) haben, dass ihr so wandeln sollt, wie es Gottes würdig ist, der euch zu seinem Reich und seiner Herrlichkeit beruft.

 

Zur Liebe Gottes gehört also auch Seine Erziehung, wie es uns die Bibel darlegt:

 

Hebräer 12:6

Denn wen der Herr lieb hat, den züchtigt er, und er schlägt jeden Sohn, den er annimmt.

 

Offenbarung 3:19

Alle, die ich liebhabe, die überführe und züchtige ich. So sei nun eifrig und tue Buße!

 

Züchtigen, grch.: paideuo, bedeutet ganz einfach Kinder aufziehen, bzw. sie erziehen. Zur Zeit des Neuen Testamentes hatte der römische Adel oft viele uneheliche Kinder, die zwar materiell versorgt wurden, aber ohne jegliche Erziehung blieben. Sie waren “unecht” (siehe Hebr.12:8). Nur die ehelichen Kinder waren die rechtmäßigen Erben und wurden dementsprechend erzogen. Blieb die legale Ehe kinderlos, wurden oftmals junge Männer mit guten Eigenschaften adoptiert, um einen bestmöglichen Erben zu haben. (Hier gilt es zu beachten, dass Gott uns aus Seiner Gnade und Liebe mit unseren schlechten Eigenschaften angenommen hat, uns im Nachhinein aber zu Seinem Charakter hin erzieht.) Oder es wurde ein “unechter” Sohn an Kindesstatt angenommen und daraufhin der entsprechenden Erziehung unterzogen. Während der gesamten Dauer der Erziehung hatten die Kinder keinerlei Rechte. Ihre Stellung in der Gesellschaft glich eher der von Sklaven, als der von Familienangehörigen. Erst wenn das Kind volljährig und die Erziehung abgeschlossen war, wurden ihm die Rechte und Pflichten eines Erben zuteil (siehe Gal.4).

Ein paidagogos wurde als “Zuchtmeister” über die Kinder gesetzt. Er war autorisiert, die Kinder in allem zu unterweisen, vor schlechtem Einfluss von außen zu bewahren und ihr Fehlverhalten zu bestrafen. Jemanden “züchtigen” heißt daher, ihn lehren und unterweisen genauso wie korrigieren bis hin zu disziplinieren.

 

In dieser Weise erzieht uns Gott. Doch warum tut er das? In Hebräer 12:6 haben wir gelesen: “Denn wen der Herr lieb hat, den züchtigt er.” Gott erzieht uns also, weil Er uns liebt. Ja, das ist richtig: Gott liebt uns so, wie wir sind. Dennoch möchte er, dass wir reifer werden, einen guten Charakter entwickeln, um schließlich ein fruchtbares und produktives Leben für Sein Reich zu führen (Siehe Tit.2:11). Wie alle liebenden Eltern möchte auch Gott uns vor Schaden bewahren, z.B. vor den bitteren Konsequenzen der Sünde oder vor den Nöten aufgrund von törichtem Verhalten. Vor allem aber möchte Gott, dass wir das ewige Heil erlangen. Ja, wir sind jetzt schon errettet. Trotzdem sind wir noch nicht im Himmel, bzw. in der Ewigkeit angekommen. Die Hebräer waren unter einem solchen Verfolgungsdruck, dass einige dieses Heil aufgeben wollten. In der Gemeinde in Korinth gab es andere, die durch die Verlockung der weltlichen Lüste kurz davor standen, ihr ewiges Heil zu verlieren (Siehe 2. Kor.7).

 

Gott liebt uns zu sehr, um uns unserem Selbstlauf zu überlassen. Die Christen unterschiedlichster Prägung sind sich darin einig, dass Gott seine Kinder erzieht. Doch bei der Art und Weise Seiner Erziehung gibt es recht unterschiedliche Vorstellungen. Manche glauben sogar, dass Er Unglück, Katastrophen und Nöte schickt oder uns krank macht, um uns eine Lektion zu erteilen. Um diese Ansicht biblisch zu belegen, werden dann die Strafgerichte Gottes aus dem Alten Testament herangezogen. Doch ein Strafgericht ist etwas anderes, als eine Erziehung, zumindest was den einzelnen Menschen angeht. Jetzt, in der Gnadenzeit des Neuen Bundes, gibt es keine Strafgerichte mehr (diese folgen später in der Trübsalszeit).

 

Wie erzieht Gott uns nun? Lasst uns dazu nochmals zum Hebräerbrief gehen:

 

Hebräer 12:8-11

Wenn ihr aber ohne Züchtigung seid, an der sie alle Anteil bekommen haben, so seid ihr ja unecht und keine Söhne! Zudem hatten wir ja unsere leiblichen Väter als Erzieher und scheuten uns vor ihnen; sollten wir uns da nicht vielmehr dem Vater der Geister unterwerfen und leben? Denn jene haben uns für wenige Tage gezüchtigt, so wie es ihnen richtig erschien; er aber zu unserem Besten, damit wir seiner Heiligkeit teilhaftig werden. Alle Züchtigung aber scheint uns für den Augenblick nicht zur Freude, sondern zur Traurigkeit zu dienen; danach aber gibt sie eine friedsame Frucht der Gerechtigkeit denen, die durch sie geübt sind.

 

Es gibt die natürliche und die geistliche Familie. Wir haben leibliche Väter und dem Vater der Geister. Die leiblichen Väter erziehen von außen her. Gott, der Vater der Geister, erzieht uns im Geist und nicht am Körper, bzw. durch irgendwelche äußeren Einwirkungen. Manche meinen, Gott erzieht uns, indem er uns die Knochen bricht oder unser Haus abbrennt. Doch das stimmt nicht, denn Er erzieht uns innerlich in unserem Geist.

Die Erziehung im Geist geschieht maßgeblich durch das Wort Gottes bzw. geistliche Leiter, die das Wort predigen, denn das Wort ist Geist und Leben (Joh.6:63). Folgende Bibelstelle bringt das zum Ausdruck:

 

2.Timotheus 3:16-17

Alle Schrift ist von Gott eingegeben und nützlich zur Belehrung, zur Überführung, zur Zurechtweisung, zur Erziehung in der Gerechtigkeit, damit der Mensch Gottes ganz zubereitet sei, zu jedem guten Werk völlig ausgerüstet.

 

Das Wort Gottes ist also nützlich zur Belehrung, zur Überführung, zur Zurechtweisung und zur Erziehung, wobei die ersten drei Begriffe nur andere Umschreibungen für Erziehung sind. Für unseren Glaubensweg belehrt uns das Wort, d.h. es zeigt uns, wo der richtige Weg langgeht. Durch Überführung wissen wir, wo wir den richtigen Weg verlassen haben. Die Zurechtweisung dient dazu, uns auf den richtigen Weg zurückzubringen und die Erziehung in der Gerechtigkeit zeigt uns, wie wir zukünftig auf dem richtigen Weg bleiben können.

 

Die effektivste Art und Weise der Erziehung ist nach wie vor: Lernen durch “Schmerz”. Das Fehlverhalten kleiner Kinder wird durch schmerzhafte Konsequenzen am schnellsten korrigiert. Werden sie älter, reicht dann oft schon eine ernsthafte Ermahnung. Selbst Erwachsenen kennen schmerzhafte Konsequenzen wie Lohnkürzungen, Abmahnungen oder ein Bußgeld für zu schnelles Fahren.

 

Wie sieht nun der “Schmerz” in Gottes Erziehung aus? Wie schon gesagt, ist Gott der Vater der Geister (der neugeborenen Gläubigen). Er erzieht uns also nicht am physischen Leib, sondern durch “Schmerzen” im Geist. Lasst uns dazu ein Beispiel anschauen.

 

2. Korinther 7:8-11

Denn wenn ich euch auch durch den Brief betrübt habe, so bereue ich es nicht, wenn ich es auch bereut habe; denn ich sehe, dass euch jener Brief betrübt hat, wenn auch nur für eine Stunde. Nun freue ich mich–nicht darüber, dass ihr betrübt wurdet, sondern darüber, dass ihr zur Buße betrübt worden seid; denn ihr seid in gottgewollter Weise betrübt worden, so dass ihr von uns keinerlei Schaden genommen habt. Denn die gottgewollte Betrübnis bewirkt eine Buße zum Heil, die man nicht bereuen muß; die Betrübnis der Welt aber bewirkt den Tod. Denn siehe, wieviel ernstes Bemühen hat dies bei euch bewirkt, dass ihr in gottgewollter Weise betrübt worden seid, dazu Verantwortung, Entrüstung, Furcht, Verlangen, Eifer, Bestrafung! Ihr habt in jeder Hinsicht bewiesen, dass ihr in der Sache rein seid.

 

Es fällt auf, wie oft das Wort “Betrübnis” genannt wird. In seinem ersten Brief an die Korinther sprach Paulus konkrete Sünden in der Gemeinde offen an. Das traf ihr Gewissen. Sie wurden betrübt darüber, d.h. sie wurden von der Sünde überführt. Dieser “Schmerz” der Überführung in ihrem Geist war so stark, dass sie darüber Buße taten, d.h. etwas in dieser Angelegenheit veränderten.

 

Ich glaube, jeder hat das schon erlebt. Man liest seine Bibel oder hört eine Predigt und mit einem Mal schlägt das Gewissen an. Man fühlt sich ertappt. Genau das ist die beste Gelegenheit sofort darauf zu reagieren und etwas zu verändern.

Gott will uns keinen Schaden zufügen (v.9), sondern uns erziehen zum Heil (v.10), so dass wir den größtmöglichen Segen empfangen und fruchtbar leben können und am Ende in Seine Herrlichkeit eingehen werden.

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